Anmerkungen zum Musterverwarnungsschreiben
1 Es ist dringend zu empfehlen, die Patentschrift mit der Verwarnung zu übersenden und dessen Schutzgegenstand
zu skizzieren sowie den Verletzungstatbestand zu schildern, so dass der Verwarnte in den
Stand versetzt wird,
die Rechtslage nachprüfen zu können. Anderenfalls könnte die Gefahr einer Kostentragungspflicht nach § 93 ZPO folgen (OLG Düsseldorf GRUR 1970, 432;
OLG Düsseldorf GRUR 1980, 135).
2 Die geltend gemachten Ansprüche werden von den folgenden Normen gewährt:
Entschädigung, § 33 Abs. 1 PatG:
Von der Veröffentlichung des Hinweises gemäß § 32 Abs. 5
PatG an kann der Anmelder von demjenigen, der den Gegenstand der Anmeldung benutzt hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass die von ihm benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung war, eine nach den Umständen angemessene Entschädigung verlangen; weitergehende Ansprüche sind ausgeschlossen.
Unterlassung, § 139 Abs. 1 PatG:
Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann vom Verletzten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Schadensersatz, § 139 Abs. 2 PatG:
Wer die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig vornimmt, ist dem Verletzten zum Ersatz des daraus entstandenen Schadens verpflichtet. 2Fällt dem Verletzer nur leichte Fahrlässigkeit zur Last, so kann das Gericht statt des Schadenersatzes eine Entschädigung festsetzen, die in den Grenzen zwischen dem Schaden des Verletzten und dem Vorteil bleibt, der dem Verletzer erwachsen ist.
Der bei einer Verletzung eines gewerblichen
Schutzrechts geltend machbare Schaden kann auf drei verschiedene Arten berechnet
werden.
-
Ersatz des unmittelbaren Schadens, der durch die
Patentverletzung entstanden ist, einschließlich des entgangene Gewinns
-
Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr oder
-
Herausgabe des Verletzergewinns
Vernichtung, § 140a Abs. 1 PatG:
Der Verletzte kann in den Fällen des § 139 verlangen, dass das im Besitz oder Eigentum des Verletzers befindliche Erzeugnis, das Gegenstand des Patents ist, vernichtet wird, es sei denn, dass der durch die Rechtsverletzung verursachte Zustand des Erzeugnisses auf andere Weise beseitigt werden kann und die Vernichtung für den Verletzer oder Eigentümer im Einzelfall unverhältnismäßig ist. 2Satz 1 ist auch anzuwenden, wenn es sich um ein Erzeugnis handelt, das durch ein Verfahren, das Gegenstand des Patents ist, unmittelbar hergestellt worden ist.
Auskunft, § 140b Abs. 1 und 2 PatG:
Wer entgegen den §§ 9 bis 13 eine patentierte Erfindung benutzt, kann vom Verletzten auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg des benutzten Erzeugnisses in Anspruch genommen werden, es sei denn, dass dies im Einzelfall unverhältnismäßig ist.
Der nach Absatz 1 zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über Namen und Anschrift des Herstellers, des Lieferanten und anderer Vorbesitzer des Erzeugnisses, des gewerblichen Abnehmers oder Auftraggebers sowie über die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.
Rechnungslegung, wird nach herrschender
Meinung aus § 259 Abs. 1 BGB in Verbindung mit § 242 BGB hergeleitet und im
Hinblick auf § 140 b Abs. 5 PatG als dort erwähnter "weitergehender
Anspruch" betrachtet.
Wer verpflichtet ist, über eine mit Einnahmen oder Ausgaben verbundene Verwaltung
Rechenschaft abzulegen, hat dem Berechtigten eine die geordnete Zusammenstellung der
Einnahmen oder der Ausgaben enthaltende Rechnung mitzuteilen und, soweit Belege erteilt zu werden pflegen, Belege vorzulegen.
3 Die Forderung eines Vertragsstrafeversprechens im Rahmen einer
Unterlassungsverpflichtung folgt aus § 339 BGB,
insbesondere dessen Satz 2:
Verspricht der Schuldner dem Gläubiger für den Fall, dass er seine Verbindlichkeit
nicht oder nicht in gehöriger Weise erfüllt, die Zahlung einer Geldsumme als Strafe,
so ist die Strafe verwirkt, wenn er in Verzug kommt. Besteht die geschuldete Leistung
in einem Unterlassen, so tritt die Verwirkung mit der Zuwiderhandlung ein.
Die Bestimmung einer angemessenen Höhe der Vertragsstrafe ist in vielen
Fällen von erheblicher Schwierigkeit. Es sind dabei alle Umstände des
Einzelfalles zu berücksichtigen (zum UWG: BGH GRUR 2002, 180, 181–
Weit-Vor-Winter-Schluss-Verkauf), insbesondere die Position des Patentinhabers
im Wettbewerb, die wirtschaftliche Position des Abgemahnten, der wirtschaftliche
Wert des Patents und die Intensität der Verletzungshandlung. Dabei ist die
Höhe zum Einen derart zu wählen, dass sie einen ausreichenden
Abschreckungsfaktor darstellt. Zum Anderen darf die Vertragsstrafe nicht
unangemessen hoch sein. In
patentrechtlichen Streitigkeiten wird regelmäßig eine Vertragsstrafe zwischen
5.001,00 € und 50.000 € vereinbart.
4 Diese Formulierung legt die zweiteilige Form des verletzten
Hauptanspruchs zu Grunde, d.h. die Einteilung in Oberbegriff (=Summe der
Merkmale, die der Anspruchsgegenstand mit dem Stand der Technik gemeinsam hat)
und Kennzeichen (=Summe der Merkmale, die die Erfindung vom Stand der Technik
unterscheidet). Zwischen Oberbegriff und Kennzeichen sind diejenigen
Benutzungshandlungen aufgenommen, die der Abgemahnte unterlassen
soll.
5 Der Auskunftsanspruch, § 140b PatG dient der Ermittlung von
Hintermännern und weiteren Verletzern in der Vertriebskette (vgl. OLG Düsseldorf GRUR 1993, 818 –
Mehrfachkleiderbügel).
6 Die Rechnungslegung dient der Vorbereitung des Schadensersatzanspruchs. Erst nach der Rechnungslegung durch den
Inanspruchgenommenen kann der Schaden des Patentinhabers seiner Höhe nach
beziffert werden. Die Rechnungslegung versetzt den Patentinhaber auch in die
Lage, eine Entscheidung darüber zu treffen, welche Berechnungsmethode für den
Schadensersatz herangezogen werden soll.
7 Gestehungskosten sind Herstellungskosten. Hierzu sind jedoch nicht
die Gemeinkosten (Fixkosten) zu rechnen. Die Gemeinkosten dürfen vom
Verletzer im Falle der Geltendmachung des Anspruchs auf Herausgabe des Verletzergewinns nicht abgezogen
werden (BGH GRUR 2001, 329, 331 –
Gemeinkostenanteil).
8 Der so genannte Wirtschaftprüfervorbehalt ist gesetzlich nicht
geregelt, wird in der Praxis jedoch dann angewendet, wenn ein sehr enges
Wettbewerbsverhältnis zwischen Patentinhaber und Verletzer besteht. Dieser
Ausnahmefall stellt einen solchen Einzelfall dar, in dem die gesetzliche
Verpflichtung der Auskunftserteilung gemäß § 140b PatG unverhältnismäßig
ist (BGH GRUR 1995, 338 – Kleiderbügel). In der Spruchpraxis der
Gerichte hat sich herausgebildet, dass der Wirtschaftsprüfervorbehalt in
der Regel auch bei der Nennung der nicht gewerblichen Abnehmern und derjenigen
Personen greift, die lediglich Angebotsempfänger gewesen sind, da die nicht
gewerblichen Abnehmer den Schutzgegenstand lediglich im privaten Bereich zu
nicht gewerblichen Zwecken benutzen, was gemäß § 11 Nr. 1 PatG nicht als
patentverletzende Handlung gilt, und auch Angebotsempfänger (noch) keine
Patentverletzer sind.
9 Dem Markteilnehmer ist zur Prüfung vermeintlicher
Schutzrechtsverletzungen ein Zeitraum von einem Monat Karenzzeit ab
Veröffentlichung des Hinweises auf die Patenterteilung bzw. des
Hinweises auf die Veröffentlichung der Patentanmeldung zuzugestehen. Erst
danach wird dem Verletzer ein Verschulden (Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis
der Patentanmeldung bzw. Erteilung) und damit eine Haftung unterstellt und kann
ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch geltend gemacht werden (BGH GRUR 1986, 803, 806 – Formstein).
10 Die Frist muss angemessen sein. Grundsätzlich gilt ein Monat als
angemessen. In Einzelfällen kann aber auch nur ein Tag angemessen sein. Dies
ist insbesondere bei Verletzungen auf Messen der Fall oder, wenn eine negative
Feststellungsklage im Ausland befürchtet wird.
Muster einer strafbewehrten Unterlassungs-
und Verpflichtungserklärung