von Patentanwalt Dipl.-Ing. T. R. Wißgott

  Die internationale Geschmacksmusterregistrierung wird attraktiver 

 

Einleitung 

Nach dem Haager Musterabkommen (HMA) können Geschmacksmuster, d.h. zwei- und dreidimensionale Designs von Erzeugnissen, durch eine einzige Anmeldung für eine Vielzahl von Staaten registriert werden. Die Registrierung, auch Hinterlegung genannt, erfolgt bei dem Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf. Sie stellt ein Bündel nationaler Registrierungen dar, wobei jede dieser Registrierungen denselben geschmacksmusterrechtlichen Schutz wie ein nationales Geschmacksmuster in dem entsprechenden Mitgliedstaat des HMA gewährt. Die Schutzvoraussetzungen und Schutzwirkungen richten sich nach nationalen Vorschriften. Jedoch erfolgt das Registrierungsverfahren zentral bei der WIPO und wird durch die Stellung eines Antrages bei dieser oder dem national zuständigen Amt des jeweiligen Mitgliedstaates eingeleitet, welches den Antrag dann an die WIPO weiterleitet. 

Das HMA ist bereits im Jahre 1925 von seinen Gründungsmitgliedern in Den Haag geschaffen worden und durch verschiedene Revisionen und Novellierungen geändert und ergänzt worden, so dass heute drei wesentliche Fassungen des HMA koexistieren, die zusammen mit Zusatzvereinbarungen und einer Ausführungsverordnung das so genannte "Haager System" bilden. Es ist vergleichbar mit dem "Madrider System" zur internationalen Registrierung von Marken, welches im Wesentlichen aus MMA (Madrider Markenabkommen) und PMMA (Protokoll zum MMA) besteht. Im Gegensatz zum Madrider System wird beim Haager System kein Heimatschutz (angemeldetes oder eingetragenes Heimatmuster) benötigt, um eine internationale Registrierung eines Musters vornehmen zu können. Folgenden Fassungen sind für eine Registrierung nach dem HMA in der Praxis maßgeblich:

  • Londoner Fassung von 1934 
  • Haager Fassung von 1960 
  • Genfer Fassung von 1999 
Seit dem 1. April 2004 gibt es eine gemeinsame Ausführungsordnung zu den genannten Fassungen, so dass verwaltungstechnische Unterschiede weitestgehend vermieden sind. Lediglich einzelstaatliche Vorschriften sind bei der Registrierung zu berücksichtigen. So schreibt beispielsweise Rumänien zwingend eine Beschreibung des zu registrierenden Musters vor, während für Island die Nennung des Entwerfers benötigt wird. 

Deutschland hat sowohl die 1934er als auch die 1960er Fassung des Musterabkommens ratifiziert. Staatangehörige und Personen mit Sitz oder Wohnsitz in Deutschland konnten daher mit einer internationalen Registrierung bisher lediglich um Schutz in denjenigen Staaten ersuchen, die ebenfalls Mitglieder der Londoner und/ oder Haager Fassung des HMA gewesen sind. Die Türkei, Singapur, Namibia, Lettland, Island, Estland, Botswana und Armenien, die allesamt nur der Genfer Fassung angehörten, waren damit nicht erreichbar, sofern der Anmelder nicht zusätzlich mit einem Staaten verbunden war, der der 1999er Fassung des Abkommens angehörte. Hinsichtlich der letztgenannten Staaten mag dies nur von geringem Nachteil gewesen sein, da diese Staaten für einen designrechtlichen Schutz ohnehin in der Regel unattraktiv sind. Zumindest die Benennung der Türkei und Singapurs ist jedoch im Einzelfall oft wünschenswert gewesen. 

Die Europäische Gemeinschaft ist mit Wirkung zum 1. Januar 2008 der Genfer Fassung des HMA beigetreten. Für Deutsche Unternehmen ergeben sich hieraus gleich zwei bedeutende Vorteile. Zum einen kann nunmehr auch ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster über eine internationale Registrierung ereicht werden, welche Schutz in allen 27 Staaten der EU gewährt und damit durch die Vielzahl europäischer Nicht-HMA-Staaten vorliegende geographische Lücken im Schutzbereich schließt. Zum anderen sind durch den Beitritt der EG zur 1999er Fassung für Deutsche Unternehmen nunmehr auch diejenigen o.g. Staaten erreichbar, die gerade lediglich die '99er Fassung ratifiziert haben, da Deutsche Unternehmen gleichzeitig auch ihren Sitz in der Europäischen Gemeinschaft haben. Damit können seit Beginn dieses Jahres alle Staaten benannt werden, die dem Haager System angehören. Dies sind:

Albanien (AL)
Ägypten (EG)
Armenien (AM)
Belgien* (BE)
Belize (BZ)
Benin (BJ)
Botswana (BW)
Bulgarien (BG)
Deutschland (DE)
Elfenbeinküste (CI)
Estland (EE)
Europäische Gemeinschaft (EM)
Frankreich (FR)
Gabun (GA)
Georgien (GE)
Griechenland (GR)
Island (IS)
Indonesien (IS)
Italien (IT)
Kirgisistan (KG)
Kroatien (HR)
Lettland (LV)
Liechtenstein (LI)
Luxembourg* (LU)
Mali (ML)
Moldau (MD)
Monaco (MC)
Mongolei (MN)
Montenegro (ME)
Morocco (MA)
Namibia (NA)
Niederlande* (NL)
Niederländische Antillen (AN)
Serbien (RS)
Nordkorea (KP)
Rumänien (RO)
Senegal (SN)
Singapore (SG)
Slowenien (SI)
Spanien (ES)
Suriname (SR)
Schweiz (CH)
Syrien (SY)
Mazedonien (MK)
Tunesien (TN)
Türkei (TR)
Ukraine (UA)
Ungarn (HU)

* über Benelux (BX)-Muster

 

Die Bedeutung des IR-Musters im Schutzrechtsvergleich 

Deutsche Unternehmen haben den Weg der internationalen Registrierung bisher wenig genutzt. Lediglich ca. 1300 Anmeldungen wurden in den Jahren 2000 bis 2002 jährlich eingereicht. Im Jahre 2006 wurde mit 284 Anmeldungen ein Tiefststand  erreicht, 2007 stieg die Anmeldezahl wieder leicht an und erreichte 390. Ein Vergleich der Musterregistrierungen in Deutschland, der EU und bei der WIPO zeigt, dass die Bedeutung des international registrierten Musters (IR-Muster) weit hinter dem Deutschen und dem Gemeinschaftsgeschmacksmuster steht. Die folgende Grafik stellt die Gesamtanmeldungen im Vergleich dar. Es wurden dabei alle Geschmacksmuster berücksichtigt, die in Einzel- oder Sammelanmeldungen enthalten waren: 

Abgesehen von einem deutlichen Rückgang der deutschen Geschmacksmusteranmeldungen in den drei Jahren 2002 bis 2004 in Folge schlechter konjunkturellen Wirtschaftsituation zeigt sich, dass internationale Musterregistrierungen von durchschnittlich ca. 21000 Mustern in den Vorjahren seit 2003 stetig gesunken sind, wobei im Jahre 2006 die Registrierungen auf einem Rekordtief von 5949 Mustern lagen. Der Rückgang seit 2003 ist damit zur Erklären, dass das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) seit dem 1. April 2003 Gemeinschaftsgeschmacksmuster einträgt, deren geographischer Schutzbereich zumindest auf dem wichtigen Markt Europa weitaus größer ist, als er durch ein IR-Muster vor 2008 jemals hätte erreicht werden können. Infolgedessen haben sich die Anmelder eher für Gemeinschaftsgeschmacksmuster entschieden, die in den Folgejahren nach 2003 stetig stiegen und im Jahre 2007 mit 77237 ein Rekordhoch erreichten. Die Tendenz ist weiter steigend. Seit 2006 ist jedoch auch wieder ein leichter Anstieg der IR-Musterregistrierungen zu verzeichnen.

Werden ausschließlich Anmeldungen Deutscher Anmelder betrachtet, ergeben sich die in der nachfolgenden Grafik dargestellten Verhältnisse. Es zeigt sich, dass für die deutschen Unternehmen das DE-Geschmacksmuster stets die erste Wahl ist. Die ist damit zu begründen, dass es vergleichsweise preiswert und das Eintragungsverfahren schnell und unkompliziert ist. Durchaus kann es auch der Fall sein, dass eine europäische und internationale Registrierung von Designs bei einem nicht unerheblichen Teil der Anmelder gar gänzlich unbekannt ist. 

Die Bedeutung des Gemeinschaftsgeschmacksmusters hat sich dabei in den letzten Jahren entscheidend erhöht, wohingegen das IR-Muster mit seinen unteren einstelligen prozentualen Anmeldezahlanteilen lediglich ein Nischendasein fristet. Es ist jedoch zu vermuten, dass sich dies durch den Beitritt der EU zum HMA in den nächsten Jahren ändern wird. Zumindest kann festgestellt werden, dass die Anmeldezahlen beim IR-Muster um ein halbes Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen sind. 

 

Gegenüberstellung der Vor- und Nachteile einer internationalen Registrierung 

Eine internationale Musterregistrierung hat zahlreiche Vorteile, die im Rahmen des strategischen Schutzrechtsmanagements beachtet werden sollten. So ist beispielsweise zu bemerken:

  • Durch eine einzige Hinterlegung kann Schutz in vielen Staaten erreicht werden. Hieraus resultiert ein geringerer Verwaltungs- und Zeitaufwand bei der Schutzrechtserlangung, da einzelstaatliche Eintragungsverfahren entfallen.
  • Für die europäischen HMA-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, BeNeLux, Italien, Spanien, Griechenland, Bulgarien, Slowenien, Lettland, Estland und Rumänien kann nunmehr über das EU-Geschmacksmuster durch Benennung der Europäischen Gemeinschaft im internationalen Antrag Schutz erwirkt werden, so dass deren einzelstaatliche Benennung nicht mehr erforderlich ist und die Kosten für 10 Einzelbenennungen eingespart werden.
  • Das IR-Muster kann nunmehr bei entsprechender Benennung ein Gemeinschaftsgeschmacksmuster und zusätzlich weitere nationale Geschmacksmuster umfassen. Es kann damit als Äquivalent zu einem EU-Muster mit geografisch erheblich erweiterbaren Schutzbereich betrachtet werden.
  • Das IR-Muster wird zentral bei der WIPO verwaltet. Die Aufrechterhaltung des Schutzes für mehrere Staaten reduziert sich dadurch auf die Verwaltung einer einzigen Mustereintragung. Weiterhin ist im Falle einer Rechtsnachfolge nur ein Umschreibeantrag erforderlich.
  • Das IR-Muster kann als Bündel unabhängiger nationaler Geschmacksmustereintragungen einschließlich der regionalen Mustereintragung (EU-Muster) beim HABM betrachtet werden, wohingegen das EU-Muster als ein einziges Geschmacksmuster einheitlich gegenüber allen EU-Staaten wirkt. Daher kann beim IR-Muster jeder nationale Teil für sich verlängert, aufgegeben oder auf einen Rechtsnachfolger umgeschrieben werden. Auch ist es möglich, bei einer Sammelanmeldung für die einzelnen Muster unterschiedliche Staaten zu benennen.
  • Es besteht kein Vertreterzwang. Ein nationaler Vertreter kann jedoch dann erforderlich werden, wenn ein nationales Amt Beanstandungen zu der Anmeldung erhebt.
  • Das IR-Muster ist bereits bei wenigen Bestimmungsstaaten preiswerter als einzelne nationale Anmeldungen, da die amtlichen Gebühren geringer sind und nationale Vertreter zumindest beim Einreichen nicht benötigt werden.
  • Eine Veröffentlichung erscheint lediglich im "International Designs Bulletin" und nicht im nationalen Register, so dass ein geschmacksmusterrechtlicher Schutz relativ unauffällig bleibt.
  • Eine Einreichung eines Prioritätsbeleges ist nicht notwendig, kann jedoch von einem nationalen Amt nachgefordert werden.
Diesen Vorteilen stehen die folgenden Nachteile gegenüber:
  • Gegenwärtig sind dem HMA vergleichsweise wenige bedeutende Staaten beigetreten. So fehlen u.a. die USA, Japan, China, Südkorea, Taiwan und Indien, wobei Schutz in diesen Staaten hinsichtlich der Bekämpfung der Produktpiraterie zunehmend an Bedeutung gewinnt.
  • Es gibt keine zentrale Beschwerdeinstanz, die im Falle einer Schutzrechtsverweigerung durch die WIPO angerufen werden kann. Dies ist lediglich in nationalen Verfahren möglich.
  • Es gibt kein zentrales Einspruchs-, Widerspruchs- oder Löschungsverfahren gegen ein IR-Muster. Die Rechtsbeständigkeit und Rechtsunbeständigkeit muss in nationalen Verfahren geprüft werden.
  • Der Zugang zum IR-Muster ist nicht für Jedermann frei. Er steht nur demjenigen zu, der seinen Sitz oder Wohnsitz in einem Vertragsstaat hat oder Staatsangehöriger desselben ist. Nach der Genfer Fassung des Abkommens genügt es sogar, dass der gewöhnliche Aufenthaltsort in einem dieser Fassung beigetretenen Staat liegt. Bei mehreren Anmeldern müssen alle Angehörige von Mitgliedstaaten des HMA oder Personen mit Sitz oder Wohnsitz in den Mitgliedstaaten sein.
  • Als Verfahrenssprache im Eintragungsverfahren sind lediglich Englisch oder Französisch zugelassen.
  • Bei Sammelanmeldungen müssen alle Muster zu derselben Klasse gehören.
  • Eine nachträgliche Schutzrechtserstreckung auf weitere Länder ist anders als bei der IR-Marke nicht möglich.

Kosten

Die Kosten für eine internationale Designregistrierung sind von unterschiedlichen Faktoren abhängig und müssen für jeden Einzelfall ermittelt werden. Sie werden in Schweizer Franken (CHF) entrichtet, so dass hierbei auch der aktuelle Wechselkurs zu beachten ist. Allgemein kann jedoch gesagt werden, dass ein IR-Muster umso preisgünstiger ist, je mehr Mitgliedstaaten benannt sind.

Die für die Registrierung bei Anmeldung zu entrichtenden Gebühren bestehen aus einer Basisgebühr, einer Publikationsgebühr und einer Staatengebühr. Die Basisgebühr B besteht aus einem fixen Anteil und einem solchen, der von der Anzahl N der in der Anmeldung enthaltenen Mustern abhängig ist. Sie ergibt sich dann aus
B = 397 CHF + (N-1) x 19 CHF.

Die Publikationsgebühr P ist von der Anzahl M der Darstellungen und der Anzahl S an DIN A4 Seiten abhängig, auf denen die Darstellungen abgebildet sind. Die Publikationsgebühr ergibt sich aus P = M x 17 CHF + (S-1)x150 CHF. Eine Differenzierung zwischen einer schwarz/weißen und einer farbigen Publikation besteht nicht mehr.

Die Staatengebühr ST ergibt sich aus der Summe der Gebühren, die für die benannten Staaten entrichtet werden müssen, wobei für jeden Mitgliedstaat eine Gebühr gezahlt werden muss. Diese ist entweder eine Standardbestimmungsgebühr oder eine Individualgebühr. Die Standardbestimmungsgebühr ist in drei Level eingeteilt. Jedes Level bestimmt eine Gebühr für das erste Muster sowie eine Gebühr für jedes Weitere. Für Level 1 gilt 42/2 CHF, für Level 2 60/20 CHF und für Level 3 90/50 CHF. Bisher gilt

Level 2 für die Schweiz, Estland, Georgien, Kroatien, Lettland, Marokko, und Ukraine,
Level 3 für Spanien, Island, Nordkorea, Rumänien und Serbien.

Eine Individualgebühr wird von Bulgarien (124/32 CHF), Ungarn (126/30 CHF), Kyrgisistan (156/78 CHF ab 31.7.2008), Republik Moldau (57/11 CHF) und der Europäischen Gemeinschaft (103/103 CHF) erhoben. Für alle anderen Staaten gilt Level 1 der Standardbestimmungsgebühr.

Damit ergeben sich die amtlichen Gebühren G nach der Formel:

G = 397 CHF + (N-1) x 19 CHF + M x 17 CHF + (S-1) x 150 CHF + ST

Die WIPO unterhält auf ihren Internetseiten unter http://www.wipo.int/hague/en/fees/calculator.jsp einen Gebührenrechner. Dieser ist jedoch (noch) nicht dafür eingerichtet, im Falle deutscher Anmelder, die ihren Sitz/ Wohnsitz in Deutschland (= Office of Origin im Sinne der 1960 Fassung) und damit zwangläufig auch in der EU (= Applicant’s Contracting Party im Sinne der 1999er Fassung) haben, die Kosten für alle durch diese Doppelbeziehung erreichbaren Staaten anzuzeigen. Vielmehr müssen für Deutschland als Office of Origin und für die EU als Applicant’s Contracting Party die Kosten nacheinander ermittelt und anschließend addiert werden.

Die nachstehende Tabelle zeigt die amtlichen Kosten für die Registrierung eines Geschmacksmusters (Einzelanmeldung) in 6 Ansichten auf einem DIN A4 Blatt in Deutschland, der EU und bei der WIPO für die Staaten EU und Schweiz, sowie EU, Schweiz, Türkei, Ukraine und Kroatien jeweils in EURO:

 
  Basisgebühr Publikationsgebühr Staatengebühr Gesamt Verlängerung
DE 70,- 12,- - 82,- 90,-5
CH ca. 1244 -3 - ca. 1244 ca. 1244,5
EU 230,- 120,- - 350,- 90,-5
IR1 ca. 2454 ca. 634 ca. 1004 ca. 4084 ca. 1704,5
IR2 ca. 2454 ca. 634 ca. 2004 ca. 5084 ca. 2084,5

1 Benennung EU und CH
2 Benennung EU, CH, TR, UA, HR
3 Bei Einzelanmeldung in Anmeldegebühr enthalten
4 Wechselkurs CHF/EUR zu beachten
5 Verlängerung nach 5 Jahren für weitere 5 Jahre

Es ist zu beachten, dass ein unmittelbarer Vergleich der Kosten nicht erfolgen kann, da sich die einzelnen Schutzrechte in ihren geographischen Schutzbereichen erheblich unterscheiden. Verständlicherweise ist daher ein EU-Muster, das Schutz in den 27 Staaten der EU gewährt, teurer als ein Deutsches Geschmacksmuster und eine internationale Registrierung mit Bestimmung der EU und den weiteren Staaten Schweiz, Türkei und Kroatien teurer als ein EU-Muster. Im Ergebnis ist ein IR-Muster jedoch günstiger als die Summe einzelner nationaler Anmeldungen, wobei sich der Kostenvorteil bei den amtlichen Gebühren erst bei Benennung mehrere Staaten deutlich auswirkt. Eine Kosteneinsparung ergibt sich jedoch bereits schon daraus, dass die Kosten für nationale Vertreter eingespart werden können. Wird der Anmelder bei der Einreichung anwaltlich vertreten, kommen zu den o.g. Kosten entsprechende anwaltliche Honorare hinzu.  

Wird von einer Musteranmeldung mit einem oder mehreren Mustern in 6 auf einer DIN A4 Seite angeordneten Darstellungen ausgegangen, so zeigt ein Vergleich der Kosten eines EU-Musters zu denjenigen eines IR-Musters mit lediglicher Benennung der EU, dass das IR-Muster stets teurer ist. Dies ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt. 

 

Der Kostennachteil resultiert daraus, dass mit jedem Muster ein zusätzliches DIN A4 Blatt für die Darstellungen benötigt wird, für welches die WIPO separate Kosten in Höhe von 150 CHF ansetzt. Damit entstehen für das zweite und jedes weitere Muster 374 CHF (1x19 CHF + 6x17 CHF + 150 CHF + 103 CHF) an zusätzlichen Kosten, d.h. ca. 230 €, wohingegen das HABM für das 2. bis 10. Muster 175 € und für das 11. und jedes weitere Muster 80 € verlangt. 

Einen bedeutenden kostenspezifischen Vorteil hat das IR-Muster jedoch dann, wenn eine einzige grafische Wiedergabe als Darstellung des Musters ausreicht. Dies ist zumindest regelmäßig bei 2-dimensionalen Mustern, so genannten Flächenmustern der Fall und ist dadurch bedingt, dass pro zusätzliches Muster nur eine Wiedergabe zu publizieren ist, die zusammen mit weiteren Wiedergaben auf einem DIN A4 Blatt dargestellt sein kann, so dass für jedes zusätzliche Muster 139 CHF (1x19 CHF + 1x17 CHF + 103 CHF) hinzukommen, d.h. ca. 85€. Erst wenn ein weiteres Blatt Papier zur Darstellung der grafischen Wiedergaben notwendig ist, ergeben sich zusätzliche Kosten. Da beim IR-Muster die grafische Wiedergabe mindestens 3cm x 3cm mit einem Mindestabstand von 5mm zu jeder Wiedergabe zu beachten ist, passen auf eine DIN A4 Seite bequem 24 Darstellungen. Maximal 25 Darstellungen auf einem Blatt sind erlaubt. Die Mindestgröße kann dann ausreichend sein, wenn die Darstellungen keine besonders hohe Detailvielfalt aufweisen. 

Die nachfolgende Grafik veranschaulicht den Kostenvorteil eines IR-Musters mit ausschließlicher Benennung der EU gegenüber eines EU-Musters, wobei davon ausgegangen wird, dass pro Design sechs Darstellungen verwendet werden, die auf eine DIN A4 Seite passen.

Bei einer Einzelanmeldung eines Musters mit einer Darstellung ergeben sich bei der WIPO für den vorliegenden Beispielfall ca. 317 € an Kosten, d.h. eine Kosteneinsparung von ca. 33 € zu einer EU-Mustereinzelanmeldung. Bei einer Sammelanmeldung mit zwei Mustern können ca. 123 €, bei 6 Mustern ca. 482 €, bei 10 Mustern ca. 750 € gespart werden. Dies stellt auch die maximale Einsparung dar, da eine EU-Mustersammelanmeldung ab de. 11. Muster wieder günstiger wird.

Diese Darstellung zeigt, dass es bei solchen Designs, bei denen eine einzige Darstellungen ausreicht, um die charakteristischen Merkmale wiederzugeben, die Anmeldung eines IR-Musters mit EU-Benennung erheblich preiswerter ist, als den direkten Weg über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster zu gehen. 

 

Welche Staaten sollten benannt werden?

Vergleicht man die Anzahl der Benennungen derjenigen HMA-Mitgliedstaaten miteinander, für die eine internationale Registrierung erfolgt ist, so zeigt sich, dass die Anmelder primär europäische Staaten wählen, sodann osteuropäische Staaten berücksichtigen und schließlich schutzstrategisch weniger interessante Staaten Afrikas benennen. Die nachfolgende Grafik zeigt die 25 Staaten, die im Jahre 2007 von den Anmeldern internationaler Muster am häufigsten benannt worden sind, wobei insgesamt 12750 Benennungen erfolgen: 

Es zeigt sich, dass die Schweiz (CH) mit Abstand am häufigsten benannt wird. Dies mag daran liegen, dass die Schweiz nicht über ein EU-Muster erreicht werden kann und häufig als Ergänzung des territorialen Designschutzes zusätzlich zu einem EU-Muster im Rahmen einer internationalen Registrierung gewählt wird. Zweit- und dritthäufigste Benennungsstaaten sind Kroatien (HR) und die Unkraine (UA), die ebenfalls nicht über ein EU-Muster erreicht werden können. Erst auf den Plätzen 3 bis 5 finden sich die europäischen Staaten Frankreich, Deutschland und Belgien/ Niederlande/ Luxemburg (Benelux, BX). 

Für die Frage, in welchen Staaten nach Schutz ersucht werden soll, ist zunächst zu berücksichtigen, dass für die europäischen Staaten Deutschland (DE), Frankreich (FR), BeNeLux (BX), Italien (IT), Spanien (ES), Griechenland (GR), Bulgarien (BG), Slowenien (SI), Lettland (LV), Estland (EE) und Rumänien (RO) nunmehr über das EU-Geschmacksmuster durch Benennung der Europäischen Gemeinschaft im internationalen Antrag Schutz erwirkt werden kann, so dass deren einzelstaatliche Benennung nicht mehr erforderlich ist, was im Übrigen auch teurer wäre. 

Die Staatenwahl sollte danach erfolgen, wo das in seinem Design zu schützende Erzeugnis hergestellt und vertrieben wird, und wo aktuelle und potentielle Wettbewerber und Verletzer lokalisiert sind. In der Regel wird der europäische Markt als bedeutendster Absatzmarkt stets zu wählen sein, ergänzt durch die Schweiz (CH) und die Türkei (TR), die nicht durch einen EU-Musterschutz erreicht werden und ebenfalls volkswirtschaftlich starke Märkte darstellen. Da aufgrund niedrigerer Arbeitslöhne die Herstellung designgeschützter Erzeugnisse häufig in den osteuropäischen Ländern erfolgt, sollten zusätzlich das zu den wichtigen mitteleuropäischen Märkten nahe Kroatien (HR) und die Ukraine (UA) als primäre Staaten gewählt werden. Als primäre Staatenwahl sind daher EM, CH, TR, HR und UA zu empfehlen.

Die Herstellung von Erzeugnissen wird heutzutage zunehmend in den asiatischen Raum verlagert, wodurch Produktions- und Arbeitskosten weiterhin reduziert werden können. Im Übrigen sind die asiatischen Staaten als Herkunftsländer gefälschter Waren bekannt, so dass dort ein Designschutz nicht vernachlässigt werden darf. Umso bedauerlicher ist es, dass die wesentlichen Staaten China, Taiwan, Indien, Südkorea und Japan nicht durch eine internationale Musterregistrierung erreicht werden können. Zumindest können jedoch Indonesien (ID), Singapur (SG) und Nordkorea (KP) benannt werden. Letzteres dürfte jedoch als Markt eher uninteressant sein und ist in der Vergangenheit lediglich durch die Herstellung gefälschter Tabakwaren aufgefallen. 

Nach Aussagen von BASCAP Business Action to Stop Counterfeiting and Piracy erfährt die Autoindustrie, die gerade bei Ersatzteilen für den Designschutz hohe Investitionen tätigt, in Singapur einen Gewinnverlust von ca. 28% durch gefälschte Produkte. Singapur ist weiterhin zu einem der Hauptumschlagplätze für Produktpiraterieware avanciert, die auf dem Seeweg verschifft werden. Im letzten Jahr wurden allein 28.000 CDs und DVDs in Afrika beschlagnahmt, die Singapurs Häfen durchlaufen hatten. Für eine Sekundärwahl sollten weiterhin die aufstrebenden Industrien und Märkte in den osteuropäischen Staaten Serbien (RS), Montenegro (ME) und die ehemals jugoslawische Republik Mazedonien (MK) berücksichtigt werden, da sich sowohl herstellende Betriebe zunehmend hier ansiedeln als auch Zukunftsmärkte dort zu erwarten sind. 

Ergänzend können die weiteren kleineren Staaten Zentraleuropas wie Monaco (MC) und Lichtenstein (LI) gewählt werden, um den europäischen Schutzbereich geographisch abzurunden.

Schließlich sollten noch die in Tunesien (TN), Ägypten (EG) und Marokko (MA) beheimateten afrikanische Märkte als Absatz-, Umschlag- oder potentielle Herstellungsländer von Piraterieware in Betracht gezogen werden, wie dies bereits von den Anmeldern internationaler Muster im Jahre 2007 erfolgt ist. Als tertiäre Staatenwahl ist daher TN, EG, MA, MC, und LI zu empfehlen. 

Als vierte Gruppe schutzrechtswürdiger Staaten wurden von den Anmeldern in den vergangenen Jahren auch die Niederländischen Antillen (AN), Republik Moldau (MD), Georgien (GE), Nordkorea (KP), Kirgisistan (KG), die Mongolei (MG), Belize (BZ), Albanien (AL) und der Vatikan (VA) angesehen, letzterer seit dem Anfang des Jahres 2008 nicht mehr dem HMA angehörig. Die übrigen Staaten sind schließlich von geringer Bedeutung und wurden bisher nur selten benannt.

Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sind daher für eine internationale Musterregistrierung als primäre Staaten EM, CH, TR, HR und UA, sowie ergänzend und damit als sekundäre Staaten ID, SG, RS, ME, und MK zu empfehlen. Die Auswahl der Bestimmungsstaaten sollte jedoch hinsichtlich designstrategischer Maßnahmen möglichst umfangreich sein, da eine nachträglich Benennung weiterer Staaten nach einer IR-Musteranmeldung anders als bei einer IR-Marke nicht möglich ist. 


Fazit

Durch den Beitritt der EU zur 1999er Fassung des Haager Musterabkommens ergeben sich für Deutsche Anmelder internationaler Muster neue Optionen durch eine einzige Anmeldung zu Schutz in einer Vielzahl von Staaten zu gelangen. Insbesondere bei Sammelanmeldungen zweidimensionaler Muster bietet die internationale Anmeldung einen finanziellen Vorteil gegenüber einem Gemeinschaftsgeschmacksmusterschutz, der sich ebenfalls bei dreidimensionalen Designs mit zunehmender Anzahl zu benennender Staaten bemerkbar macht. 

Die Bedeutung des IR-Musters wird in Zukunft zunehmen. Dabei kann gehofft werden, dass durch den Beitritt der EU eine Zugwirkung entsteht, die weitere Staaten zu einem Beitritt animiert, denn ein IR-Muster anmelden darf nur, wer eine Beziehung (Sitz, Wohnsitz, Staatsangehörigkeit) zu einem Mitgliedstaat hat. 

Links

- Broschüre (englisch) über die Vorteile des Haager Abkommens unter
http://www.wipo.int/export/sites/www/freepublications/en/designs/911/wipo_pub_911.pdf

- Anmelde-Guide zum HMA (englisch) unter
http://www.wipo.int/export/sites/www/hague/en/guide/pdf/hague_guide.pdf

- Rechtsquellen
- Londoner Fassung (1934), Haager Fassung (1960), Genfer Fassung (1999)

- Ausführungsordnung

- BASCAP Informationen über Produktpiraterie unter
http://www.iccwbo.org

- Gebührentabellen und Gebührenrechner unter
http://www.wipo.int/hague/en/fees/

 

Zurück zur HOMEPAGE


Diese Seite wurde zuletzt geändert am 08.06.2008/ WI.
(c) Cohausz Dawidowicz Hannig & Sozien 2008