Entscheidung des BGH zu Gattungsbegriffen als Internetdomain
 

In der Entscheidung des BGH vom 17. Mai 2001 (AZ: I ZR 216/99) wird festgestellt, dass die Verwendung eines Gattungsbegriffes als Internetdomain an sich nicht wettbewerbswidrig sein muss.

RA Bernd Preiß schreibt hierzu bei @kit:

Der Bundesgerichtshof hat sich in der obigen Entscheidung der Frage angenommen, ob und inwieweit die Verwendung allgemein beschreibender Begriffe als Internetdomain wettbewerbswidrig ist. Diese Frage war unter den deutschen Gerichten höchst umstritten.

Auslöser dieser Kontroverse war eine Entscheidung des OLG Hamburg "Mitwohnzentrale.de". (vgl: CuR 1999, 779)

Die Richter dieses Gerichtes vertraten den Standpunkt, daß die Verwendung von Gattungsbegriffen zu einer wettbewerbswidrigen Kanalisierung von Kundenströmen führe. Dabei stellte das OLG ganz entscheidend auf das Suchverhalten der Internetteilnehmer ab. Der Nutzer beginne seine Suche meist mit dem Eintippen einschlägiger Gattungsbezeichnungen in das Browserfeld. Würde er dann fündig, bestünde die Gefahr, daß er seine Suche vorzeitig abbreche. Ein Leistungsvergleich sämtlicher Anbieter finde damit mehr statt. Dies sei wettbewerbswidrig.

Zahlreiche Gerichte folgten dieser Argumentation:

Vgl. u.a. :
LG München I - Az.: 7 O 5570/00 - "Rechtsanwaelte.de"
Landgericht Köln - Az: 31 O 723/98 - "Rechtsanwaelte-Koeln.de"
LG Köln - AZ: 33 O 286 - "Zwangsversteigerungen.de" – "Versteigerungskalender.de"

Andere Gerichte sahen in der vorbezeichneten Praxis keinen Wettbewerbsverstoß.

So z.B.:
LG Hamburg vom - Az.: 416 O 91/00 - "Lastminute.de"
LG München "Autovermietung.com"

Das OLG Braunschweig (Az: 2 U 26/00 - "Stahlguss.de") sah zwar die Möglichkeit eines Wettbewerbsverstoßes, stellte aber nicht nur auf die Benutzung der Domain ab. Unlauter sei die Verwendung eines Gattungsbegriffes nur dann, wenn eine Gesamtschau aus Domain und Auftritt den Eindruck erwecke, das Angebot des Diensteanbieters sei abschließend.

Die nun ergangene BGH-Entscheidung ist zu begrüßen und schafft Klarheit in den wesentlichsten Punkten.

Danach wirkt der Domaininhaber allein durch Verwendung eines Gattungsbegriffs grundsätzlich noch nicht in unlauterer Weise auf Kunden ein, die bereits dem Mitbewerber zuzurechnen wären. Der Domaininhaber nutzt vielmehr in legitimer Weise einen sich bietenden Vorteil aus.

Ein Abfangen von Kunden kann richtigerweise auch nur dann wettbewerbswidrig sein, wenn sich der Werbende zwischen den Mitbewerber und dessen Kunden stellt, um diesem eine Änderung des Kaufentschlusses aufzudrängen. Dies ist allein durch die Verwendung einer Gattungsbezeichnung nicht der Fall.

Ein vom OLG Hamburg herangezogenes Freihaltebedürfnis, kann auch nicht daraus hergleitet werden, daß Gattungsbegriffe nicht als Marke eingetragen werden dürfen. Die Verwendung einer Internetadresse führt im Gegensatz zu einer Marke nämlich nicht zu einem Ausschließlichkeitsrecht. Andere Diensteanbieter sind nicht gehindert, den in einer Domain befindlichen Gattungsbegriff im Rahmen ihrer eigenen Werbung zu verwenden.

Auch den Internetnutzern unterstellte der BGH zu Recht, daß diese regelmäßig mündig und vorinformiert seien. Die große Mehrzahl der Nutzer dürfte in der Tat wohl davon ausgehen, daß Internetangebote, die unter einer allgemein beschreibenden Domain liegen, keineswegs abschließend sind.

Der Bundesgerichtshof hat die Verwendung allgemein beschreibender Begriffe als Internet-Domain jedoch nicht schrankenlos zugelassen.
Es könne z.B. ein Mißbrauch sein, wenn der Verwender nicht nur die Gattungsbezeichnung, sondern gleichzeitig ähnliche Schreibweisen als Domain anmeldet. Gleiches würde gelten, wenn er die Verwendung derselben Bezeichnung unter anderen Top-Level-Domains blockiert.
Das OLG Hamburg habe aber die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher durch Verwendung des generischen Domainnamen nicht ausreichend geprüft. Der BGH hat die Sache daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Dieses muss jetzt erneut prüfen, ob die Verwendung dieses Domainnamens zulässig ist. Sollte das OLG eine Irreführung bejahen, könne es dem Domaininhaber aufgeben sein, die Bezeichnung "Mitwohnzentrale.de" nur dann zu benutzen, wenn er auf seiner Homepage darauf hinweist, daß es noch Mitbewerber gäbe.
Insoweit scheint der BGH sich der Auffassung des OLG Braunschweig (stahlguss.de) angeschlossen zu haben.

 

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